„Mein Glaube ist mir wichtig, aber muss ich dafür Kirchenmitglied sein (…und Kirchensteuer zahlen)?“

Über diese Frage komme ich immer wieder mit Menschen ins Gespräch. Ja, es ist wahr, dass Kirche als Institution und Organisation immer wieder Anlass zur Kritik gibt, dass auch Menschen in der Kirche Fehler machen, dass Gremien oder die Institution Kirche Entscheidungen treffen, die sich im Nachherein als falsch oder als nicht zuträglich für die Sache der Verkündigung Jesu vom Reich Gottes erweisen.

Martin Luther hat das vor über 500 Jahren z.B. in seinen „95 Thesen“ scharf kritisiert – und war damit richtungsweisend für das evangelische Kirchenverständnis:       
Kirche muss sich immer wieder selbst­-kritisch hinterfragen und bereit sein, sich, wo nötig, zu reformieren. Dieses Ringen um den rechten, guten Weg ist sicher nicht leicht, das wissen alle, die sich in kirchlichen Gremien engagieren.

Unsere evangelische Kirche hat eine „synodale“ Struktur, d.h. Haupt- und Ehrenamtliche, Kirchenleitende und Nicht-Theolog*innen übernehmen gemeinsam Verantwortung für die konkrete Ausgestaltung der Kirche. Kirche als Organisation der Gemeinschaft der Glaubenden und Getauften ist eine eigene Institution innerhalb des Staates. Die Trennung von Kirche und Staat ist sinnvoll und gut. Aber Kirche ist eben auch Teil unserer Gesellschaft und steht nicht nur für „ureigene“ Themen der christlichen Religion, sondern übernimmt auch innerhalb des Staates wichtige Aufgaben:

Kirche hat ihrem Selbstverständnis nach einen Bildungsauftrag, der vom Staat gefördert wird: seien es kirchliche Kindertagesstätten, Religionsunterricht oder die Erwachsenenbildung. In all diesen Bereichen findet nicht nur Glaubens-, sondern auch Meinungsbildung statt, werden christliche Werte vermittelt und weiteregegeben, wird kritisch diskutiert und finden Menschen Antworten, wie sie ihrer christlichen Überzeugung gemäß Gesellschaft gestalten können. So verstanden ist Kirche Kulturträgerin. Dafür stehen auch die Kirchengebäude, in denen Menschen sich zum Gottesdienst zusammenfinden, zu Veranstaltungen, zu Konzerten. Vergewisserung, Trost, Spiritualität haben mit den Kirchen einen Ort, an dem all dies lebendig werden kann. Am Ort ihrer Gemeinde erfahren Menschen Geselligkeit, Gemeinschaft, gegenseitige Bestärkung und Hilfe.

Kirche weist uns aneinander. Wir sind eine Gemeinschaft und setzten uns füreinander ein. Die Diakonie mit ihren zahlreichen Beratungsstellen, Einrichtungen und Werken macht das deutlich. Als Kirchenmitglied unterstütze ich diese Solidar-Gemeinschaft, auch mit meinem finanziellen Beitrag, der Kirchensteuer.  Kirchen in anderen Ländern erheben freiwillige Beiträge von ihren Mitgliedern, in Deutschland übernimmt der Staat diese Aufgabe für die Kirchen.

In jedem Fall geht es darum, dass die Organisation und Institution Kirche ihre Aufgaben übernehmen und erfüllen kann: ihren Dienst am Menschen und an der Gesellschaft.

Pfarrerin Ulrike Markert


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