„WANDELN“
Ich bin kein Fußballer. Es geht schon, naja. Schön waren und sind die Lichtmomente: Ball erst annehmen, dann Kopf hoch, schauen, Ruhe bewahren, entscheiden und machen. Derart erleuchtet von Fußball-Fortune gelang und klappt noch immer dann und wann ein feiner Pass oder gar ein Torschuss.
Beim Spiel „Wandeln“ war ich auch stets stabil im Mittelfeld. In der Schule waren Jahre lang die Pausen damit ausgefüllt: mit Wandeln (oder mit Schafkopf). Wandeln war wie Rundlauf um die Tischtennisplatte: gesellig, kurzweilig, einfach.
Schuss um Schuss ging an einen bestimmten Abschnitt einer Wand und der Abpraller musste vom nächsten Spieler wieder an die Wand gebracht werden. Auf die Kirchenmauer neben meinem Elternhaus verbrachte ich auch Stunden alleine beim Wandeln.
Das Wandel-Spiel, das ich seit ein paar Jahren mitspiele – nolens oft und volens auch – ist ganz anders. Es ist allerdings wie Rundlauf oder das andre Wandeln ebenfalls extrem gesellig, bisweilen maximal kurzweilig und einfach, weil einfach unvermeidbar: Das Spiel des Wandels im Sinne von Veränderung.
„Nichts ist so beständig wie der Wandel.“ Der vielzierte Vers des griechischen Philosophen Heraklit geht den einen beim Thema Veränderung runter wie Öl. Sie sehen die Chancen der Dynamiken, das Potential der Entwicklungen, die Träume der Zukunft. Anderen stößt der Satz auf. Ihnen bedeutet beständiger Wandel: Stress, Rastlosigkeit, Traditionsverlust, fehlende Sicherheit, zu viel – einfach zu viel.
Wie geht es Ihnen damit? Mit dem Wandel, dem beständigen, all den Veränderungen durch Jahr und Tag?
Ich höre hier und dort: Die vielen Veränderungen schlagen aufs Gemüt, überfordern, laugen aus, reizen die Nerven. Und ich kenne es, ja, wer kennt es nicht: das Gefühl einer aufziehenden Wandelentzündung.
Welch tiefe Weisheit ließ die biblischen Philosophen bei ihrem Schöpfungslied mit dem 7. Tag enden?! Ein Lied des Wandels, das Gott in allem Wandel wirken sieht. Gleich die allersten Verse in der Bibel, da steht’s – und endet mit Tag 7: Gott ruht von seinem Werkeln und Wandeln, das alles sehr gut geworden war.
Als weniger Weiser frage ich mich, wie das Lied ab Tag 8 weitergehen könnte …
Montag: Schwerer Tag. Dienstag: Dies nochmal, jenes von vorn. Mittwoch: Himmel, was für Umstände. Donnerstag: Letzte Woche passte noch alles zusammen. Freitag: Fast geschafft. Samstag: Alles wird gut. Sonntag: Ruhe. …
Wandel! Alles ist im Wandel. C’est la vie. Und das Leben ist schön – es kann so himmlisch schön sein! Manchmal muss man’s nur machen lassen: annehmen, Kopf hoch, Mut zum nächsten Schritt.
Wandeln: Tun wir alle. Unter Gottes Sonne. Auf Mutter Erde. Wichtig sind die Zeiten der Beständigkeit: Ruhe und Sein. Wichtig sind die Zeiten des Wandels: Bewegung und Werden.
Viel Freude beim Wandeln durch dieses Heft! Und beim Wandeln durch die Herbst- und Advents- und Weihnachtszeit und ins neue Jahr hinein!
Gottes Segen wandle beständig mit Ihnen!
Ihr Pfarrer Gerhard Last


