Dass gläubige Menschen helfen, wird in der biblischen Tradition nahezu selbst-verständlich erwartet.

Liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst (Mk 12,28-34).

Das ist das höchste Gebot, so lehrt uns Jesus.

Jedoch, Liebe als Gesinnung scheint nicht zu reichen. Der Liebe soll auch Ausdruck gegeben werden in Taten. Das zeigen uns so eindrückliche Geschichten, wie die vom barmherzigen Samariter (Lk 10,25-37). Helfer zu sein, liegt quasi in der Natur des (guten) Menschen.

Der biblische Katalog hilfreicher Taten reicht vom Krankenbesuch über die Gastfreundschaft bis hin zum Freikauf von Gefangenen. Dabei ist von Anfang an Hilfe immer auch ein Gemeinschaftswerk. Gläubige tun sich zusammen, um effektiver helfen zu können. In Ethik und Frömmigkeit des Christentums wurde dies über die Jahrhunderte immer weiter professionalisiert. Klöster hatten bis ins Mittelalter die Armen- und Krankenhilfe fest im Griff.

Hilfe und Dienst haben außerdem einen rituellen und einen spirituellen Aspekt. Die Reformatoren verstanden Helfen als Ausfluss der Liebe, die im Glauben gründet und prinzipiell keine Einschränkungen kennt. Ihre Armenordnungen enthalten in Ansätzen bereits die Dimensionen des modernen Sozialstaates. Zunehmend wird die Politik in die Pflicht genommen. Hilfe soll Teilhabe ermöglichen. Hilfe zur Ausbildung, zur Arbeit, zum Lebensunterhalt oder zur Erziehung: Bei Martin Luther finden sich diese Themen adressiert an Fürsten und Herrscher. Heute haben wir auf all dies einen Rechtsanspruch: Bafög, Arbeitslosengeld und Elternzeit.

Hilfe anzunehmen auf der anderen Seite ist kein Zeichen von Schwäche, sondern trägt zu einer stabilen politischen und sozialen Gemeinschaft bei. Im Alten Testament sorgten die Richter für Rettung und die Könige für Stabilität, Hilfe in der Not. Sie waren Gottesmänner, gesalbt und erwählt für ihren Dienst. Mittler zwischen Gott und seinem Volk. Was sie taten und was von Ihnen erhofft wurde, hing fest mit den Hoffnungen des Glaubens zusammen. „Hosianna“ riefen die Menschen dem König entgegen. „Hosianna“,  Hebräisch:

נָּא  הוֹשִׁיעָה

Das ist eigentlich ein Hilferuf an Gott. Er bedeutet:

„Hilf doch!“

Heute rufen wir „Hosianna“ kraftvoll als Ausdruck des Lobpreises und der Anbetung. Die Bedeutung des uralten biblischen Rufes nach Hilfe hat sich in christlicher Tradition von einer Bitte um Hilfe und Erlösung zu einer freudigen Erklärung der Erlösung und Befreiung durch Jesus Christus entwickelt (Mt 21,8-11). Für Christenmenschen gilt, wenn wir „Hosianna“ rufen: Wir rufen und Gott hilft. Das ist gewiss. Amen.

Pfarrerin Anne Mika