Herr Hanrieder, als Bestatter bieten Sie Menschen Hilfe in der Trauer. Wie sind Sie zu Ihrem helfenden Beruf gekommen?
Ich kenne die Branche von Kindheit an. Mein Großvater gründete Ende der 60er Jahre das erste Bestattungsunternehmen in Dachau. Das gab es so bis dato nicht. Wir waren damals ganz klein: Opa, Oma, Papa, Mama, zwei Aushilfen. Alles drehte sich um die Firma. Da dachte ich lange: Das ist nix für mich.
Als meine Oma gestorben war, erlebte ich Trauer in einer neuen, intensiven Art. Ich war fasziniert von diesem Gefühl, in dem ich mich selbst so hilflos erfuhr. Was für ein starkes Gefühl die Trauer ist! Wie die Liebe! Es ist ja tatsächlich so: Wir trauern dann, wenn wir in irgendeiner Form geliebt haben. Menschen im Beruf des Bestatters in dieser besonderen Gefühls-Situation zu begleiten, das erschien mir nun reizvoll.
Wie helfen Sie als Bestatter Trauernden?
Eine trauernde Person ist in einem Ausnahmezustand. Sie braucht Hilfe zu überlegen: Was brauche ich und was will ich eigentlich? Doch noch mal Abschied nehmen am offenen Sarg? Möchte ich gerne was mitgeben irgendwie? Und wie geht das mit Formalitäten, Anzeigen, Ritualen? Was ist möglich, was tut gut? Rosen, Blütenblätter, Luftballons, Steine?
Mit Achtsamkeit und Wertschätzung möchten wir alle im Unternehmen den Trauernden das Gefühl geben, dass wir bei ihnen sind auf dem Trauerweg, mit ihnen an alles denken, sie durch den Prozess der Bestattung führen.
Diese Hilfestellung zu bieten, empfinde ich als besondere Aufgabe.
Das klingt nach mehr als beruflicher Leidenschaft.
Ja, ich habe mich durch meinen Beruf auch privat entwickelt. Ich helfe gerne, bin da mittlerweile sehr spontan und intuitiv. Ich glaube, dass ich durch Hilfe, respektive Fürsorge, Achtsamkeit mein Leben bewusster lebe.
Spielt Glaube für Sie eine Rolle?
Nach einer persönlichen Durststrecke habe ich in letzter Zeit wieder zu einem ganz tiefen Glauben zurückgefunden. Und es ist so enorm, was letztendlich doch an an Energie, an Kraft im Universum auf uns runterkommt. Da spürst du, da ist jemand da –
du kannst es nicht erklären –auf jeden Fall nicht von dieser Welt. Du weißt einfach:
Du bist nicht allein.
Danke für diese offenherzige Antwort.
Eine ganz andere Frage: Was war zuerst da, Henne oder Ei?
Die Henne.
Und was war zuerst da im Menschsein: Trauer oder Hilfe?
Hilfe! Es gibt Hilfe in der Trauer. Trauer sollte kein Tabuthema sein. Denken wir an das Trauern mit Kindern: Da ist es wichtig, ehrlich zu sein. Ja, Eltern können traurig sein. Ja, sie können weinen. Und das gehört mit dazu und: es hilft! Das merken und verstehen Kinder wie Erwachsene.
Das Interview mit
Bestattungsunternehmer
Ralf Hanrieder
führte Pfarrer G. Last