Die Suche der Heiligen Familie nach Obdach, Sicherheit, Zukunft – die Weihnachtsgeschichte. Kann sie, darf sie uns mehr bedeuten als weihnachtliches Wohlgefühl? Darf sie uns am Ärmel ziehen wie ein Kind und uns darauf hinweisen, dass es da etwas wirklich Wichtiges zu entdecken gibt? Schauen wir mal hin:
Maria und Josef auf der Suche: Sie ist hochschwanger und Josef muss in seine Heimatstadt, quasi aus steuerrechtlichen Gründen. Die Weihnachtsgeschichte nach dem Lukasevangelium ist uns vertraut: „Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.“ (Lk 2,7)
Das Evangelium nach Matthäus erzählt von den „Heiligen Drei Königen“, wie wir sie meistens nennen. Die „Weisen aus dem Morgenland“ (Mt 2,1ff) bringen „Gold, Weihrauch und Myrrhe“. Und da passiert noch mehr, Dramatisches! Denn alle suchen ihr Heil: in der Flucht!
Die Weisen entfliehen dem politischen Auftrag, ihre Begegnung mit dem König der Könige zu melden. Sie kehren „nicht wieder zu Herodes zurück“, sondern ziehen „auf einem anderen Weg wieder in ihr Land.“ (Mt 2,12) Das wiederum verhilft Maria und Josef samt dem Jesuskind zur Flucht. Ja, die Heilige Familie flieht! Sie fliehen in ein Land, das kulturell und religiös ganz anders geprägt ist. Eine andere Welt. Und die Geschichten, die es über sie gibt (Josef und seine Brüder; Mose und der Exodus), sind ambivalent. Da ist Hoffnung und Furcht. Doch die Fremde ist die Rettung für die Heilige Familie. Sie entgehen so der staatlichen Unterdrückung und Gewalt. (Mt 2,16-18)

Seit dem Sommer 2023 bieten wir in den Räumen der Friedenskirche Kirchenasyl an. Die „Engel“, die uns dazu die Wege geöffnet haben, sind ein sozial unheimlich engagierter Christ und ein überaus liebenswerter Muslim. Stephan Theo Reichel ist erster Vorsitzender des Vereins matteo – Kirche und Asyl e.V. Zusammen mit Mohammed besuchte er uns im Kirchenvorstand und berichtete von Umständen der Flucht, die ich mir bis dato nicht erdenken hätte können.
Allen wurde schnell bewusst, dass es um Rettung geht.
Nicht um Gutmenschtum, nicht um Protest.
Es geht um Rettung.
Mohammed wurde unser erster Gast im Kirchenasyl und ist heute vielen ein lieber Freund. Das Kirchenasyl hat ihn vor einer Rückführung nach Polen bewahrt, wo er schlimme Gewalt erlitten hat. Nun ist er im regulären Asylverfahren und lernt mit größtem Eifer! Sein aktuelles Dilemma: Arbeitgeber würden ihn einstellen, wäre das Asylverfahren abgeschlossen. Die Behörde würde es abschließen, hätte er einen Arbeitsplatz.
„Ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen.“
Dass wir als Kirchengemeinde diesem Leitvers von matteo nachfolgen und nicht nur auf dem Papier Mitglied im Verein sind: Halleluja!
Pfarrer Gerhard Last